Neue psychoaktive Substanzen

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Drogen 2.0. - Kiffen war gestern - Legal Highs und das "Gesetz zur Bekämpfung neuer psychoaktiver Substanzen"

Neue psychoaktive Substanzen (auch NPS, Legal Highs, Herbal Highs, Research Chemicals oder Badesalzdrogen) sind psychoaktive Substanzen, die als Kräutermischungen, Lufterfrischer, Reiniger, Badesalze oder Ecstasy angeboten werden.

Diese Produkte werden zumeist offen im Internet, Smartshops oder Headshops oder verdeckt auf Darknet-Märkten beispielsweise unter den Namen Explosion oder Spice angeboten. Sie enthalten häufig Rauschmittel, Stimulanzien oder ähnliche chemische Wirkstoffe, die auf den Verpackungen nicht ausgewiesen werden.

Legal Highs werden zu Rauschzwecken konsumiert.

Das Bundeskabinett hat deshalb am 4. Mai 2016 einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe beschlossen.

Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz, oder noch kürzer NpSG, wird die neue Waffe der Drogenfahndung heißen, wenn es gelingt, den Entwurf durch die Gesetzgebungsmühle zu bringen.

Alles verboten

Aufgabe diese NpSG ist es das Verbot des Inverkehrbringens,
Verabreichens sowie des Herstellens und des Verbringens von neuen psychoaktiven Stoffen mit Strafe zu instrumentieren.

Unter den Headshopkunden kennt man die Stöffchen als Legal Highs, Herbal Highs, Research Chemicals oder als Badesalzdroge.

Wettlauf

Damit möchte der Hase in Gestalt des Bundesministers für Gesundheit den Wettlauf mit den Igeln, findige Chemikern seit J.W.Huffmann - Erfinder der synthetischen Cannabinoide - gewinnen.

Cannabis enthält neben THC, dem am stärksten psychotrop wirksamen Inhaltsstoff, eine große Zahl weiterer Cannabinoide und Pflanzenstoffe. Immer wieder wird versucht, aus vorhandenen in der Natur vorkommenden Substanzen neue - auch medizinisch wirksame - Präparate herzustellen. Eine dieser Substanzen ist das "JWH 18", welches auch als "Spice" bekannt ist. Entgegen der landläufigen Meinung, ist diese Substanz nicht in einem "Hinterhof-Labor" hergestellt worden, sondern stammt aus hochtechnologischen Forschungslabors aus den USA. Der Chemiker, der den einzelnen neuen Cannabinoiden seinen Namen gab ist John W. Huffmann (deshalb auch JWH).

Denn bisher war es so, daß stets neue chemische Varianten bekannter Stoffe auftauchten, die dann erst einmal nicht in den Anhängen zum BtmG gelistet waren. Bis die Verbotsregelungen im Betäubungsmittelrecht angepaßt werden konnten, vergingen Monate und manchmal Jahre, in denen die Spice-Mischungen munter im Internet, in Smartshops, in Headshops oder verdeckt auf Darknet-Märkten erhältlich waren.

Jetzt ist Schluß!

Damit soll – wenn es nach dem Willen des Bundeskabinetts geht – jetzt Schluß sein. Konkret sieht der Entwurf ein großflächiges Erwerbs-, Besitz- und Handelsverbot vor. Vor allem soll die Weitergabe von neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) unter Strafe gestellt werden.

Gruppenbildung

Und in diesem Zusammenhang hatte der Gesetzgeber eine tolle Idee:

Jetzt werden nicht nur konkrete Stoffe verboten, sondern das Verbot bezieht sich auf ganze Stoffgruppen.
Wenn also ein Chemielaborant eine neue Variante bekannter Betäubungsmittel oder psychoaktiver Stoffe entwickelt hat, reicht es für das Verbot aus, wenn das neue Badesalz zu einer verbotenen Stoffgruppe gehört. Und das war’s dann mit dem Freihandel im Darknet.

Der Europäische Gerichtshof erlaubte die Badesalze

Hintergrund dieser Idee bzw. das Motiv für den Verbotsentwurf war das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juli 2014 (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – C-358/13 und C-181/14, C-358/13, C-181/14), der festgestellt hat, daß Research Chemicals keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind.

Ein Stoff, der bereits unter das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) fiel, wurde in seiner chemischen Struktur gezielt so verändert, daß der neue Stoff nicht mehr dessen Verbots- und Strafvorschriften unterliegt.

Ein Verstoss gegen das BtMG ging dann nicht mehr.

Also haben sich die Strafbarkeitslücken-Fanatiker gedacht, dann gilt das Arzneimittelgesetz (AMG) mit seinen Sanktionen und zu ist das Gesetzesloch.

Und das geht nach dem EuGH aber auch nicht, weil eine stoffbedingt geistige „Explosion“ keine Medizin ist die heilt.

Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs und bestätigt durch den Bundesgerichtshof fallen Legal Highs, welche z. B. ausdrücklich als legaler Ersatz für Cannabis vertrieben werden, nicht unter den Arzneimittelbegriff, womit diese Form der Kriminalisierung nicht vereinbar mit deutschem und europäischem Arzneimittelrecht ist. Der Europäische Gerichtshof erkannte abschließend in seinem Urteil:

„Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EGdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass davon Stoffe wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht erfasst werden, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind.“

– Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 10. Juli 2014:

„Humanarzneimittel – Richtlinie 2001/83/EG – Geltungsbereich – Auslegung des Begriffs ‚Arzneimittel‘ – Bedeutung des Kriteriums der Eignung, die physiologischen Funktionen zu beeinflussen – Erzeugnisse auf der Grundlage von Kräutern und Cannabinoiden – Ausschluss“

Und dann war sie da, die Lücke in der Strafbarkeit.

Und die soll jetzt das NpSG schließen.

Schlussfolgerung

Keine Frage, das Zeug ist gefährlich und tut dem Körper nicht gut. Aber warum gibt es die Plastikdrogen denn überhaupt? Darüber muss man ja auch mal nachdenken.

Wären die NpS auch auf dem Markt, wenn das Andere, teilweise ganz bestimmt weniger gefährliche Betäubungsmittel kontrolliert zur Berauschung ans erwachsene Volk abgegeben werden würde?

legalize it!


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